In der Industrie reicht es längst nicht mehr, dass ein Produkt funktioniert. Es muss sich auch richtig anhören. Genau hier wird der Schallmessraum zum entscheidenden Werkzeug: Er trennt störende Geräusche von zulässigen Toleranzen, präzise, normgerecht und reproduzierbar. Doch welche Unternehmen brauchen so einen Raum wirklich? Wie funktioniert die Auswahl? Und woran erkennt man Qualität?
Warum akustische Prüfungen für Unternehmen immer relevanter werden
Klang ist ein unterschätzter Erfolgsfaktor, besonders in technischen Branchen. Kunden erwarten nicht nur leise Staubsauger oder angenehme Türgeräusche im Auto, sondern auch, dass Produkte frei von Vibrationen, Surren oder mechanischem Quietschen sind. In der Produktion lassen sich solche Geräusche nicht immer vermeiden aber sie lassen sich messen und bewerten.
Ein Schallmessraum bietet die Voraussetzungen, um:
- Messungen unter konstanten Bedingungen durchzuführen
- Richtlinien wie ISO 3744, ISO 7779 oder DIN EN 60601 zu erfüllen
- Produktentwicklungen akustisch zu begleiten
- Zertifizierungen zu dokumentieren
Solche Räume sichern die Vergleichbarkeit, fördern die Innovationsqualität und senken Rückläuferquoten. Besonders in der Serienfertigung zählen reproduzierbare Werte.
Für wen sich ein Schallmessraum wirklich lohnt
Ein Schallmessraum ist kein Standardbauteil, sondern eine Investition mit konkretem Nutzen. Er lohnt sich besonders für Branchen, in denen Lärmreduktion, Produktakustik oder gesetzliche Vorgaben eine Rolle spielen:
Branche | Nutzen |
---|---|
Automobilindustrie | Analyse von Motorgeräuschen, Innenraumakustik, Lüftern |
Haushaltsgerätehersteller | Prüfung von Geräuschentwicklung bei Waschmaschinen, Staubsaugern etc. |
Medizintechnik | Sicherstellung der Lautstärkegrenzen bei Geräten wie Beatmungsgeräten oder Pumpen |
Maschinen- und Anlagenbau | Reduktion und Kontrolle betrieblicher Lärmquellen |
Start-ups im Hardwarebereich | Prototypenprüfung für Produktlaunch oder Zertifizierung |
Zertifizierungsstellen und Labore | Durchführung standardisierter Schallmessungen für Dritte |
Auch kleine Unternehmen profitieren, etwa durch mobile Containerlösungen, die unabhängig vom Standort einsatzfähig sind – temporär oder dauerhaft.
Was einen hochwertigen Schallmessraum ausmacht
Nicht jeder schallisolierte Raum eignet sich für technische Messungen. Ein echter Schallmessraum erfüllt gleich mehrere Anforderungen:
- Reflexionsfreies Verhalten: Wand- und Deckenmaterialien verhindern Schallreflexionen. So bleibt das Messsignal sauber.
- Hohe Dämmwerte nach außen: Externe Störquellen (z. B. Verkehr, benachbarte Maschinenhallen) beeinflussen die Akustik nicht.
- Standardisierte Ausstattung: Mikrofonhalterungen, Drehteller, Messtechnik – alles ist definiert und wiederholbar einsetzbar.
- Normkonformität: Viele Räume sind auf Prüfverfahren nach ISO-Normen oder branchenspezifischen Richtlinien ausgelegt.
- Modularität: Einige Anbieter ermöglichen nachträgliche Erweiterungen oder mobile Lösungen.
- Langfristige Kalibrierbarkeit: Professionelle Systeme lassen sich regelmäßig justieren, um Messergebnisse über Jahre vergleichbar zu halten.
✅ Checkliste: Worauf Sie bei der Auswahl achten sollten
Bevor Sie sich für einen Schallmessraum entscheiden, prüfen Sie die folgenden Punkte strukturiert und idealerweise mit technischer Beratung.
Branche | Anwendungsschwerpunkte |
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Automobilhersteller & -zulieferer | Geräuschtests von Lüftern, Motoren, Innenraumakustik |
Weiße Ware & Haushaltsgeräte | Lärmklassifizierung von Waschmaschinen, Kühlschränken |
Medizintechnik | Normprüfung z. B. bei Infusionspumpen, Geräten im OP |
Anlagen- und Maschinenbau | Kontrolle von Betriebsgeräuschen, Qualitätssicherung |
Elektronik-Start-ups | Geräuschoptimierung in frühen Entwicklungsphasen |
Forschung & Lehre | Akustikversuche, Lehrbetrieb, Materialanalysen |
Zertifizierungsstellen | Standardisierte Prüfungen nach internationalen Normen |
Diese Punkte helfen, Angebote vergleichbar zu machen und spätere Einschränkungen zu vermeiden.
Wie man den passenden Schallmessraum auswählt
Neben den technischen Anforderungen spielen auch wirtschaftliche und organisatorische Fragen eine Rolle. Entscheidend sind:
- Raumbedarf: Geräte für den Privatgebrauch (z. B. Ventilatoren) benötigen deutlich kleinere Räume als Industrieanlagen.
- Testmethode: Emissions- oder Immissionsmessung? Nur bestimmte Räume bieten die notwendige akustische Umgebung.
- Erweiterbarkeit: Gerade wachsende Unternehmen profitieren von modularen Wand- und Deckensystemen.
- Energieversorgung und Klima: Einige Geräte müssen unter definierten Umgebungstemperaturen geprüft werden.
- Logistik am Standort: Der Transport großer Produkte in den Raum muss gewährleistet sein.
Ein Anbieter sollte nicht nur liefern, sondern auch beraten, planen und ggf. Service und Wartung übernehmen.
✅ Steckbrief: Eigenschaften moderner Schallmessräume
Merkmal | Beschreibung |
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Typen | Reflexionsarme Kammer, Hallraum, Prüfstand mit Umhausung, Containerlösung |
Materialien | Akustikschaum, Sandwichpaneele, Dämmplatten, perforierte Absorber |
Typische Dämpfung | ≥ 50 dB Schalldämmung, teils bis 80 dB je nach Aufbau |
Innenraumvolumen | Zwischen 5 m³ (Kleingeräte) und 100 m³ (Industriemaschinen) |
Ausstattung | Mikrofone, Kalibriergeräte, Drehteller, Steuer- und Analyse-Software |
Normbezug | ISO 3744, ISO 9614, DIN EN 61010, branchenspezifische Vorgaben |
Zugänglichkeit | Türen, Klappen, Gabelstaplerzufahrt je nach Nutzung |
Installation | Fest im Gebäude oder mobil (z. B. ISO-Container) |
Zielgruppen | Industrie, Prüflabore, Start-ups, Hochschulen, Zertifizierungsstellen |
Was Unternehmen zusätzlich wissen sollten
Ein funktionierender Schallmessraum ist nur so gut wie sein Betrieb. Achten Sie auf:
- Wartungspläne für Dämmmaterialien und Messtechnik
- Schulungen für neue Mitarbeitende und Normen
- Möglichkeiten zur Nachrüstung (z. B. bei neuen Prüfverfahren)
- Kompatibilität mit digitaler Datenerfassung
- Fördermöglichkeiten für Forschung, Innovation oder Umweltauflagen
Auch eine regelmäßige Kalibrierung der Messgeräte ist Pflicht – insbesondere, wenn mit den Ergebnissen Zertifikate oder behördliche Freigaben verbunden sind.
Eigenbau oder Kauf? Zwei Szenarien im direkten Vergleich
Viele Unternehmen stehen vor der Frage: Soll der Schallmessraum intern geplant und umgesetzt werden oder ist ein schlüsselfertiges Komplettsystem sinnvoller? Beide Wege haben Vorteile, aber auch Fallstricke.
Szenario A – Eigenbau mit interner Planung
Ein mittelständisches Unternehmen mit eigener Technikabteilung entscheidet sich, einen Schallmessraum selbst zu planen und aufzubauen. Dabei werden Baupläne recherchiert, Dämmstoffe eingekauft und ein vorhandener Raum in der Produktionshalle umgebaut.
Vorteil | Nachteil |
---|---|
Niedrigere Einstiegskosten | Hoher Planungs- und Zeitaufwand |
Flexible Materialwahl | Risiko technischer Fehler bei Dämpfung, Nachhall oder Struktur |
Kontrolle über Details | Kein normgeprüfter Aufbau – Zertifizierungen schwierig |
Interne Kompetenzförderung | Späterer Umbau meist teuer und aufwendig |
Szenario B – Kauf eines schlüsselfertigen Raums
Ein Start-up lässt sich einen mobilen Schallmessraum als Containerlösung von einem Spezialanbieter liefern. Der Raum ist auf die ISO 3744 ausgelegt und kommt mit abgestimmter Messtechnik.
Vorteil | Nachteil |
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Normsicherheit durch geprüften Aufbau | Höhere Anschaffungskosten |
Planbarkeit – Aufbau binnen weniger Tage | Ggf. eingeschränkte Flexibilität bei Spezialanforderungen |
Service, Wartung und Kalibrierung inklusive | Abhängigkeit vom Anbieter bei Erweiterungen |
Kein eigenes Akustik-Know-how nötig | Anpassungen an Sonderformen meist kostenpflichtig |
Fazit des Szenarienvergleichs: Der Eigenbau kann funktionieren, vor allem bei Basisanforderungen und viel internem Know-how. Für alle, die normkonform arbeiten oder reproduzierbare Ergebnisse brauchen, ist der Kauf eines geprüften Systems oft die wirtschaftlichere und sichere Lösung.
Raum für Präzision
Ein Schallmessraum ist kein Luxus, er ist Werkzeug, Qualitätsgarant und Innovationsbooster in einem. Wer Geräuschentwicklung ernst nimmt, trifft bessere Entscheidungen in Entwicklung, Qualitätssicherung und Kundenbindung. Gerade in einer Zeit, in der Akustik zum Differenzierungsmerkmal wird, lohnt sich der Blick hinter die dichten Wände.
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